Kulturkreis Meerbusch

Samstag, 04. Januar 2020 14:06

Der MKK besucht die Ausstellung „Utopie und Untergang. Kunst in der DDR“ im Museum Kunstpalast

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30 Jahre nach dem Mauerfall zeigt das Museum Kunstpalast erstmals in Westdeutschland die Malerei der DDR in historischer und ästhetischer Breite und konfrontiert den Betrachter dabei mit Vorurteilen. Solche stabilen Vormeinungen über Kunst aus der DDR sind zum Beispiel, dass es sich nur um eine „Staatskunst“ handelte, die politisch erbaulich sein musste, und dass ihr eine kritische Einstellung zur Gesellschaft fremd gewesen sei.

Die von Steffen Krautzig kuratierte Schau versteht sich als Dokumentation, so wurden Werke von dreizehn Künstlern ausgewählt, um einen vielseitigen und zugleich widersprüchlichen Eindruck von der Kunstepoche zwischen 1949 und 1989 zu vermitteln.

Eine Gruppe von 20 Teilnehmern erlebte am Sonntag, dem 8. Dezember 2019, im Museum Kunstpalast eine interessante Führung durch die junge Kunsthistorikerin Evgenia Sychinskaya unter besonderer Berücksichtigung biografischer und gesellschaftspolitischer Gesichtspunkte. Sie verdeutlichte, wie Künstlerinnen und Künstler in der DDR den Widrigkeiten trotzten und ihnen so kleine Fluchten aus den sozialistischen Vorgaben gelangen.

Zu den bekanntesten Künstlern der DDR gehören Werner Tübke und Wolfgang Mattheuer, die wegen ihrer surrealistisch „verrätselten“ Bilder bei den Funktionären wenig beliebt waren. Die Betrachtung ihrer Bilder ermöglicht vielfältige Deutungen. So zum Beispiel „Die Ausgezeichnete“ von Mattheuer aus dem Jahr 1974: Eine ältere Frau sitzt niedergeschlagen, aber auch gefasst an einem Tisch, vor ihr drei frische Tulpen, weit und breit keine Auszeichnung. Die Platzierung von Ironie und Witz im Bild ist ein Thema, das sich in der DDR-Kunst gut studieren lässt: In Mattheuers Bild „Seltsamer Zwischenfall“ von 1984 sitzt komischerweise eine glotzende Reisegruppe in dem Wagen des ungarischen Omnibus-Hersteller „Ikarus“ und betrachtet den gefallenen „Helden“ Ikarus.

Ein Saal wurde nur mit Arbeiten A.R. Pencks gefüllt, der es vorzog, sich mit Gelegenheitsarbeiten durchzuschlagen, statt Mitglied im Künstlerverband zu werden. Penck verwendete schon früh Strichmännchen, sein Markenzeichen, zum Beispiel 1963 bei dem Gemälde „Der Übergang“, das als Metapher für die Teilung Deutschlands gedeutet werden kann.

Besonderes Gewicht legt die Ausstellung auf einige Künstlerinnen. Angela Hampel will mit ihren Bildern „Judith“ und „Medea“ Zweifel an Szenen in Mythos und Bibel äußern, die starke, intelligente Frauen als wilde Mörderinnen diffamieren.
Cornelia Schleime zählt zu den Heldinnen der Kunst in der DDR, die sich auf Auseinandersetzungen mit dem Künstlerverband nicht einließ. Sie zeigt sich auf Fotografien in ihrer Behausung in der DDR neben Protokollen der Stasi. Die fand nichts Strafbares, aber der unbürgerliche Lebensstil der Künstlerin genügte, um sie verdächtig zu machen.

Der Besuch dieser lohnenswerten Ausstellung lässt sich noch bis zum 26. Januar 2020 wiederholen. Bei der Eröffnung der Schau durch den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier als Schirmherr riet dieser dem Betrachter zu „großer Neugier und gespannter Vorurteilslosigkeit“.

Christa Ahrens-Wilke

 

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