Reiseberichte

Artikel nach Datum gefiltert: Samstag, 02 November 2019

Eine siebentägige Kulturreise führte 35 Teilnehmer Anfang Oktober unter der Leitung und Planung von Christa Ahrens-Wilke, Gisela Saßmannshausen und Stefanie Valentin vom Meerbuscher Kulturkreis nach Bayreuth, Prag, Merseburg, Naumburg und Erfurt.

Die erste Überraschung bot bei der Hinreise am Sonntag Kloster Bronnbach im unteren Taubertal bei Wertheim, das, obwohl recht unbekannt, zu den ältesten und besterhaltenen Klosteranlagen des Zisterzienserordens in Süddeutschland gehört. Das Mittagessen wurde im gepflegten Restaurant „Orangerie“ eingenommen. Anschließend hielt der Geschäftsführer des Restaurants und Hotels freundlicherweise einen kurzen, informativen Vortrag über die Anlage. So erfuhr man zum Beispiel, dass das Gemälde am „Sonnenfang“ der Orangerie als das größtes Außenfresko nördlich der Alpen gilt und die Erdteile allegorisch darstellt. Kloster Bronnbach wäre sicherlich einen wiederholten Besuch wert.

Die Busfahrt führte weiter nach Bayreuth, wo am späten Nachmittag ein geführter Spaziergang durch die historische Innenstadt auf dem Programm stand. Kurzweilig informierten die Stadtführerinnen über die Stadtgeschichte, die zum einen durch den Gegensatz zwischen Franken und Bayern und zum anderen durch den Kunstsinn der Markgräfin Wilhelmine geprägt ist. Ihr, einer Schwester Friedrichs des Großen, verdankt Bayreuth großartige Bauwerke wie das Neue Schloss, die wunderbare Gartenkunstanlage der Eremitage und das Markgräfliche Opernhaus, UNESCO Weltkulturerbe. Die Pracht des barocken Hoftheaters lernten die Teilnehmer am nächsten Morgen bei einer bildreichen, multimedialen Inszenierung kennen. Plüsch und Prunk des Opernhauses widersprachen Wagners Kunstauffassung. Deshalb entwickelte er den Plan für eine an Zweckmäßigkeit orientierte, amphitheaterartige Anlage mit nahezu idealer Sicht von allen Plätzen. Weltbekannt ist Bayreuth durch das von Richard Wagner konzipierte, recht schmucklose Festspielhaus am Grünen Hügel und die dort jährlich stattfindenden Opernfestspiele. Das ehemalige Wohnhaus Wagners „Wahnfried“ beherbergt heute ein Museum. Der Name „Wahnfried“ wird durch den an der Hausvorderseite eingravierten Spruch „Hier wo mein Wähnen Frieden fand...“ verständlich: In Bayreuth kam Wagner zur Ruhe.

In Prag, einer der schönsten Städte der Welt und ebenfalls UNESCO-Weltkulturerbe, erlebte die Gruppe den Zauber prachtvoller Sehenswürdigkeiten mit ihrer überwältigenden und vielfältigen Architektur. Nach der Ankunft erfolgte ein abendlicher Rundgang durch die Altstadt. Beginnend am Wenzelsplatz, einem Ort bedeutender gesellschaftlicher und historischer Begebenheiten, vertiefte sich der Eindruck am nächsten Tag bei einer Führung. Man passierte zum Beispiel die berühmte Aposteluhr am Altstädter Rathaus, die Teynkirche und das mit reichem Jugendstildekor ausgeschmückte Gemeindehaus. Bei einem Besuch im Cafe Mozart, in dem sich auch Franz Kafka mit seiner Gefährtin Milena traf, lockten köstliche Torten.
Der Weg über den Besuchermagneten Karlsbrücke mit seinen 30 Heiligenskulpturen endete auf der parkähnlichen Moldauinsel Kampa, wo es zahlreiche malerische Winkel gibt. Im Park des Kampa Museums erregt die Skulpturengruppe „Babys“ des tschechischen Bildhauers David Cerny durch die Gesichtslosigkeit der Kinder Aufsehen. Seine Kunstwerke sind über ganz Prag verteilt und wollen den Betrachter irritieren und provozieren, so zum Beispiel Franz Kafkas elf Meter hohe und überaus beeindruckende Büste „Metalmorphosis“ vor dem Einkaufzentrum Quadrio und „Horse“, eine auf den ersten Blick schockierende Parodie des Monuments des heiligen Wenzel.
Der Nachmittag gehörte einer Führung durch den Hradschin. Die Prager Burg, eine der größten Burgkomplexe weltweit, ist seit über tausend Jahren ein bedeutendes Symbol des tschechischen Staates. Von hieraus bieten sich großartige Ausblicke auf die Altstadt, die Kleinseite und die bergige Umgebung. Der Hradschin setzt sich aus Palästen, Gärten und Kirchen wie zum Beispiel dem St.-Veits-Dom zusammen. Im Königlichen Garten wurde aktuell eine Dokumentation zum 30. Jahrestag der Ausreise der DDR-Botschaftsflüchtlinge gezeigt.
Entspannung bot am frühen Abend eine romantische Moldauschifffahrt mit spektakulärem Sonnenuntergang.
Nachdenklich und betroffen machte am Mittwochmorgen ein Besuch im jüdischen Viertel Prags. Einen lebendigen Eindruck des religiösen jüdischen Lebens vermittelte die Führung durch verschiedene Synagogen und über den Friedhof.
Am Nachmittag blieb Zeit für individuelle Erkundungen, zum Beispiel in einem der traditionsreichen Kaffeehäuser, dem Besuch des Historischen Museums oder einer kleinen Shoppingtour.

Am Morgen des Tages der Deutschen Einheit verließ die Reisegruppe Prag mit dem Ziel Merseburg an der Straße der Romanik. Hier fand nachmittags eine Stadt- und Domführung statt. Ähnlich wie der Hradschin, aber in den Dimensionen bescheidener, stellt die Dreiflügelanlage des Schlosses mit dem Merseburger Kaiserdom als viertem Flügel einen imposanten Komplex am Ufer der Saale dar. Für Spannung sorgten einige in Althochdeutsch mystisch vorgetragene Merseburger Zaubersprüche. In vorchristlicher Zeit sollten diese Verse Gefangene aus ihren Fesseln befreien.
Ein Teil der Gruppe besichtigte außerdem die romanische Neumarktkirche St. Thomae und war überrascht von dem beeindruckenden Mahnmal gegen Gewalt Große Kreuzigungsgruppe vor roter Wand von Klaus Messerschmidt aus dem Jahr 1995. Der andere Teil der Gruppe flüchtete vor dem Starkregen ins Kulturhistorische Museum, um dort das Zollinger-Dach, ein typisches Merseburger Markenzeichen der modernen Architektur Anfang des 20. Jahrhunderts, kennenzulernen.
Als Höhepunkt erklang anschließend ein kleines Konzert auf der Ladegast-Orgel, die mit 5700 Pfeifen ausgestattet ist. Hinter dem barocken Orgelprospekt von 1665 verbirgt sich ein mächtiges Klangwerk.

Bei einem weiteren UNESCO Weltkulturerbe, dem Naumburger Dom, bestaunten die Teilnehmer am nächsten Tag die Ausdruckskraft und Wirklichkeitsnähe der Arbeiten des „Naumburger Meisters“, eines namentlich unbekannten Architekten und Steinbildhauers. Ihm und seiner Werkstatt verdanken wir den Westlettner mit den Reliefs zur Passionsgeschichte und die individuelle Ausdruckskraft der zwölf lebensgroßen Stifterfiguren, vor allem der Stifterfigur Uta.
Die historische Altstadt Naumburg beherbergt nette, kleine Geschäfte und einladende Cafes, außerdem ein Nietzsche-Museum, denn Friedrich Nietzsche verbrachte den Großteil seiner Kindheit und Jugend in Naumburg.
Während einer gemütlichen Fahrt mit der historischen Ringstraßenbahn Naumburgs, der kleinsten in Deutschland, ließ sich die Gruppe von dem Enthusiasmus des Fahrers anstecken, der sich im Verein „Nahverkehrsfreunde Naumburg“ seit 1991 für den Erhalt der Bahnen einsetzt.
Wegen des regnerischen Wetters musste der für den Nachmittag geplante Spaziergang entlang des Ufers von Saale und Unstrut leider abgesagt werden. Glücklicherweise schlug die Stadtführerin als Alternative das 1137 von Zisterziensern gegründete Kloster Pforta als lohnendes Ziel vor. Besichtigt wurden u.a. die gotische Klosterkirche mit wertvollen Teilen der originalen Verglasung und der romanische Kreuzgang. Ein Teil des Areals beherbergt heute die 1543 von Herzog Moritz von Sachsen gegründete Landesschule Pforta. Zu den großen Namen unter den Schülern zählen zum Beispiel Friedrich Gottlieb Klopstock, Johann Gottfried Fichte und Friedrich Nietzsche.

Die Rückfahrt nach Meerbusch wurde in Erfurt unterbrochen, die Stadt gilt als größtes Flächendenkmal Deutschlands. Über eine breite Treppe erreichte die Gruppe den gotischen Dom St. Marien, der zusammen mit der Stiftskirche St. Severi eine markante Stadtkrone bildet. Die im 14. Jahrhundert erschaffenen Triangelportale des Doms sind mit einem repräsentativen Figurenzyklus geschmückt. Im Inneren begeisterte die lebendige Darstellung der Klugen und der Törichten Jungfrauen und ihre Körpersprache.
Eine Führung durch die mittelalterliche Altstadt zeigte kultur- und bauhistorische Kostbarkeiten wie zum Beispiel die Krämerbrücke und den Waidspeicher. Hier wurde früher aus getrockneten Blättern der Waidpflanze blauer Textil-Farbstoff, das Erfurter Blau, gewonnen. Ein Teil der Gruppe besuchte alternativ die Alte Synagoge, hier findet sich eine Fülle von einzigartigen Zeugnissen der bedeutenden jüdischen Gemeinde aus dem Mittelalter. Aus diesem Grund hat sich die Stadt Erfurt entschieden, für ihr jüdisches Erbe den Titel „UNESCO Welterbe“ anzustreben. Ein gemeinsames Abschiedsessen im AUGUSTINER an der Krämerbrücke beendete die erfolgreiche Kulturreise.

Die an Erlebnissen, Eindrücken und auch menschlichen Begegnungen reiche Reise ließ die Teilnehmer zufrieden nach Meerbusch zurückkehren und machte gleichzeitig Appetit auf zukünftige interessante Kulturreisen des Meerbuscher Kulturkreises.

Christa Ahrens-Wilke

Freigegeben in Neues vom MKK

50 Jahre Meerbusch

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